Männerabend mit Akten und Alkohol
Am 28. Dezember fand im ausverkauften Chärnehus die Premiere des Zwei Mann-Stücks «Bezirksgericht» statt. Oscar Sales Bingisser und Dani Häusler stöbern einen vergnüglichen Abend lang in alten Akten des Bezirksgerichts Einsiedeln und geraten darüber ins Nachdenken und Philosophieren.
Ein karger Raum, ein Tisch, Stühle, ein Gestell, etwas Gerümpel und ein Sackrolli mit Plastikkisten voller alter Akten: Nicht gerade das Umfeld, in welchem man(n) seinen wohl verdienten Feierabend geniessen möchte. Es ist der wenig inspirierende Übungsraum des Klarinettisten Dani, der sich anschickt, mit seinem Instrument einen melancholischen Abend zu verbringen. Bis sein Freund Oski hereinplatzt, noch im orangen Arbeitsgwändli, der jetzt lieber bei seinem Kumpel sein möchte als bei seiner Angetrauten. Dicke Luft zu Hause ist schlimmer als die verstaubte Abstellkammer irgendwo in den verlassenen Gängen eines Amtsgebäudes. Immerhin gibts hier heissen Kaffee und einen Bidon voll Kernobstbrand.
Trinkfreudig Im Chaos
Reden ist weder die Stärke von Oski noch von Dani. Wie also den Abend totschlagen ohne einander stundenlang anzuschweigen? Neben dem «Kaafej Trääsch» bieten sich nur noch die Kisten mit den Akten an, auf die sich Oski in seiner Verlorenheit schliesslich stürzt. Es sind Gerichtsakten aus längst vergangener Zeit, die von meist geringfügigen Straftaten künden - eine willkommene Ablenkung für den geplagten Arbeiter: Da gab es schon vor fünfzig und hundert Jahren Gleichgesinnte, Geplagte, Hinterlistige und leichtsinnige, die im Leben nicht auf Rosen gebettet waren. Die beiden Zechgenossen beginnen, einander aus den vergilbten Gerichtsurteilen vorzulesen, mal amüsiert, mal ungläubig, mal zutiefst betroffen. Das papierne Durcheinander steigert sich ins Chaos, der Alkohol fliesst.
Emotionale Geschichten
Keiner der Richter und Verurteilten hat es sich wohl jemals träumen lassen, Protagonist eines vergnüglichen Theaterabends zu werden. Oscar Sales Bingisser und Dani Häusler führen das Publikum über zwei Stunden lang in die Vergangenheit von Einsiedeln, berichten von Schlägereien, Beleidigungen, Veruntreuungen und anderen unehrenhaften Tätigkeiten, die es zu bestrafen galt. Was etwas verstockt beginnt, endet im emotionalen Eintauchen in Geschichten, die vom Alltag ablenken und zu denken geben. Die beiden Männer ergänzen sich grandios, Dani Häusler blüht zudem beim Klarinettenspiel zu virtuoser Höchstform auf. Der musikalische Bogen bindet die unterschiedlichen Gerichtsgeschichten zu einem unterhaltsamen Konvolut.
Einsiedler Anzeiger, Dezember 2015